Künstler:innen von internationalem Renommee haben für den Lichtparcours Braunschweig Installationen, Skulpturen und künstlerische Interventionen für den öffentlichen Raum geschaffen. Die Widersprüche des Lichts bilden den thematischen Rahmen der diesjährigen Ausstellung. Die Arbeiten beschäftigen sich mit dem Spannungsfeld des Lichts in seiner künstlichen oder natürlichen Form und mit den Auswirkungen der vielfältigen Nutzung von Licht auf den einzelnen Menschen, die Gesellschaft und die Natur.
West auf Nordwest thematisiert die Veränderung der Weltmeere als Lebensraum. Während einige Lebewesen aufgrund des Klimawandels verdrängt werden, vermehren sich andere Arten explosionsartig. Quallen profitieren von der Erwärmung der Meere, wobei die Überfischung ihre natürlichen Feinde zusätzlich reduziert. In der künstlerischen Arbeit West auf Nordwest wurden die Quallen aus Ausschussware der Kunststoffindustrie gefertigt. Sie okkupieren den Raum über der Oker und beginnen durch den Einsatz von Schwarzlicht zu leuchten. Alma Barwitzki, die am Institut für Architekturbezogene Kunst (IAK) studiert, hat ihren Entwurf zusammen mit den Künstler:innen Sina Heffner und Bernd Schulz ausgearbeitet, beide Lehrende am IAK.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von Volkswagen Financial Services.
Das Institut für Architekturbezogene Kunst (IAK) versteht sich als Institut der TU Braunschweig, das sich intensiv mit der Ressourcenknappheit, dem Klimaschutz und der Vermittlung dieser Themen in Theorie und Praxis auseinandersetzt und diese in künstlerischen Projekten in den öffentlichen Raum überträgt. Für den Lichtparcours 2024 beteiligt sich das IAK unter der Leitung von Professorin Folke Köbberling, Bernd Schulz und Sina Heffner mit zwei Projekten. Hierzu wurden Studierende im Vorfeld gebeten, zu aktuellen gesellschaftlichen und Umweltthemen Ideen zu entwickeln. So entstanden unterschiedlichste Projektvorschläge, von denen schließlich zwei, zu den Themen Privatisierung des Trinkwassers sowie Erwärmung und Überfischung der Meere, ausgewählt und gemeinsam mit Studierenden realisiert wurden.
Als Verweis zur Sonne, die weder auf- noch untergeht und selbst bei Nacht scheint, setzt sich die Installation One‘s sunset is another one‘s sunrise mit der Gleichzeitigkeit von Realitäten auseinander. Zu jeder Zeit und in vielen Kulturen spielte die Sonne eine grundlegende Rolle. Nicht nur wurde nach Erklärungen für die beobachteten Phänomene gesucht, zugleich war sie auch immer Argument, um bestimmte Machtverhältnisse und Realitätsvorstellungen zu manifestieren. Die Sonne ist voller Ambivalenz, sowohl hinsichtlich physikalischer wie auch emotionaler Wechselbeziehungen. Für alle „geht die Sonne im Osten auf“, doch eigentlich sind wir es, die durch unterschiedlichste Wirklichkeiten gehen.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung der FIBAV Immobilien GmbH.
(* 1989) arbeitet an groß angelegten, performativen und raumgreifenden Installationen. In ihrer künstlerischen Arbeit untersucht sie die Wahrnehmung von Körper und Raum sowie Möglichkeiten der sozialen Transformation durch Kommunikation und Partizipation an der Schnittstelle von physischen und virtuellen Lebensräumen. Im Jahr 2019 wurde ihre Arbeit Light High mit dem International Light Art Award ausgezeichnet. Seit 2023 lehrt sie als Professorin im Bereich Kommunikationsdesign und Crossmedia Spaces an der Hochschule RheinMain Wiesbaden.
Observer sind graue Architekturen aus Holz, die über ein weitläufig rot beleuchtetes Areal verteilt als Beobachtungsposten dienen. In ihrem modularen Aufbau erinnern die retro-futuristischen Bauten an Weltraumhabitate und schaffen im Zusammenspiel mit der monochrom rot gefluteten Wallanlage des Museumparks eine intensive, bedrohlich wirkende Szenerie. Das rote Lichtspektrum ist für viele Tiere und Insekten minimal bis gar nicht wahrnehmbar – ermöglicht dem Menschen jedoch eine gute Orientierung in der Dunkelheit. Christian Holl schafft mit Observer eine surreale Verfremdung des Ortes durch eine veränderte Wahrnehmung der nächtlichen Parkanlage und ermöglicht die nicht-invasive Erkundung des innerstädtischen Lebensraums.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von der Braunschweiger Zeitung und der Bürgerstiftung Braunschweig.
(* 1992) entwickelt ortsspezifische Installationen auf Basis und durch Nach- und Weiterbearbeitung von real existierender Flora und Fauna – oft mithilfe von 3-D-Modeling/-Sculpting: künstliche Welten, die sich irgendwo zwischen Utopie und Dystopie bewegen. Diese vom Künstler geschaffenen Erfahrungsräume laden zur individuellen Auseinandersetzung ein und versetzen die Betrachter:innen nicht selten in die Rolle der Forschenden.
Die Steintorbrücke gleicht einer Bühne. Unter der Brücke werden zwei Spiegelkugeln installiert, die von Sonnenlicht und LED-Spots angestrahlt werden. Tagsüber sind durch den Sonnenstand variierende Lichtverhältnisse zu erleben. Des Nachts greifen die Reflexionen Raum, indem sie die sich bewegende Wasseroberfläche und die Ufer-säumenden Bäume ebenso illuminieren, wie die statische Brückenarchitektur. Sie scheinen bis in den Himmel überzugehen. Ein Wassertropfenspiel von einem Baum in der Nähe und Klangkomponenten unter der Brücke unterstützen die Wirkung. Komplettiert wird das Kunstwerk durch eine Licht-Sound-Installation in dem in der Brücke integrierten Toilettenwärterin häuschen. Mit reflexion_reflexion macht Christine Schulz durch kleine Eingriffe die schon vorhandenen Reize des Ortes neu erlebbar.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz und der Stiftung Sparda-Bank Hannover.
(* 1961 in Braunschweig) arbeitet hauptsächlich mit raumgreifenden Installationen, die das ambivalente Verhältnis zwischen Wirklichkeit und der medialen Abbildung derselben beleuchten. Die bespielten Innen- und Außenräume werden dabei in neue Erlebnisräume überführt, in denen ein komplexes Netz aus Verweisen, Bezügen und Referenzen zur Alltagskultur und gesellschaftsrelevanten Themen entsteht. Teil ihrer Arbeiten sind dabei immer der Akt einer permanenten Bricolage, das Denken im Raum, der Wirklichkeitsgehalt der Bilder als permanente Frage und der kaleidoskopartige, mäandernde Blick durch und auf die Welt.
Am Obelisken auf dem Löwenwall sind Leuchtkästen installiert. Zu sehen sind drei überlebensgroße Kohlmeisen, die sich am einst als „Vaterländischen Denkmal“ bezeichneten Obelisken im Löwenwallpark abarbeiten. Der Titel der Arbeit spielt auf unterschiedliche Referenzsysteme an: Great Tit ist der englische Name der Kohlmeise. Mobbing ist der ornithologische Begriff für ein Gruppenverhalten unter Vögeln, die Scheinangriffe auf einen potenziellen Feind in ihrem Territorium fliegen. Phallic Landmark nennt man in der Anthropologie phallisch geformte Bauwerke. In der Inszenierung von Jens Pecho wird das 22 Meter hohe Denkmal zum Requisit eines Dioramas, das eine Revierstreitigkeit zwischen Mensch und Tier darstellt. Seine Installation wirf einen humorvollen Blick auf das Vokabular menschengemachter Kategorien und Denksysteme.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von Göhmann Rechtsanwälte Abogados Advokat Steuerberater Partnerschaft mbB.
(* 1978 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet in Berlin) ist Künstler und Filmemacher. In seinen Textarbeiten, Videos und Installationen verarbeitet er bestehendes Material, das er sich aneignet und neu inszeniert. Zunächst eindeutig erscheinende Sinnzusammenhänge werden dabei unterlaufen. Die verwendeten Filmszenen, Gesetzestexte, statistischen Daten, Songs oder auch Redewendungen werden als unterschiedliche Ausdrucksformen gesellschaftlicher Regelsysteme und Konventionen erkennbar. In den Vordergrund tritt, was über den zitierbaren Wortlaut hinaus implizit kommuniziert wird.
TGIF – Thank God It’s Friday, ein Ausdruck unserer Sehnsucht nach einer Atempause in einer sich unablässig drehenden Welt. In fesselnden Bildern und Klängen spielt die Installation auf die unerbittliche, produktionsorientierte Natur unserer Gesellschaft an. Und den unnachgiebigen Rhythmus unseres Lebens, der dem ewigen Wechselspiel von Tag und Nacht gleicht und diesem seit der Erfindung des künstlichen Lichts nicht mehr unbedingt unterliegt. Šejla Kamerić lädt die Betrachtenden ein, über die unsichtbaren Kräfte nachzudenken, die unsere Welt formen. Die ikonische Phrase, repräsentiert durch das Akronym TGIF, unterstreicht dabei den immerwährenden Antrieb und das unaufhörliche Streben nach Fortschritt in riesigen Stahlbuchstaben.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von der Salzgitter AG.
(* 1976 in Sarajevo, Bosnien und Herzegowina) arbeitet mit Film, Fotografie, Objekten, Zeichnungen und Installationen. Indem sie Themen aufgreift, die sich aus nichtlinearen historischen Erzählungen sowie aus persönlichen Geschichten ergeben, legt sie ihren Fokus auf Politik der Erinnerung, Formen des Widerstands im menschlichen Leben und die daraus resultierenden Eigenheiten des Frauenkampfs. Mit Empathie als grundlegendem Kommunikationsmechanismus warnt sie vor kraftvollen politischen Aussagen und schafft sie gleichzeitig.
Ein riesiger aus recyceltem Plastikmüll bestehender Mond wird von einem gewaltigen Kran in die Höhe gehoben und beschwört eine künstliche Szenografie, in der das Natürliche durch etwas spektakuläres, künstlich Geschaffenes abgelöst wird. Schicken wir in Zukunft all das ins All, was wir auf der Erde nicht mehr gebrauchen können? Mit der Arbeit (Plastic)Full Moon sendet das Künstler:innenkollektiv Luzinterruptus eine poetische Nachricht über Umweltschutz, Nachhaltigkeit und staatsbürgerliche Verantwortung. Das Kunstwerk wurde in Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit erstellt, die eingeladen war, Plastikmüll zu spenden und sich an der Entstehung zu beteiligen. Es geht um ein Gefühl der kollektiven Verantwortung.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von BS|Energy und von der Wilhelm Ewe GmbH & Co. KG.
Die anonyme Gruppe von Künstler:innen führt städtische Interventionen im öffentlichen Raum durch. Mithilfe von Licht begannen sie Ende 2008, die Aufmerksamkeit der Menschen auf unbemerkte Probleme in Madrids Straßen zu lenken. Heute entstehen ihre Werke weltweit und meist in partizipativen Projekten mithilfe von Menschen und Communitys vor Ort. Ihre Arbeiten sind dabei oft nur kurze Zeit zu sehen, transformieren aber nachhaltig Stadt- und Gedankenräume und sensibilisieren beispielsweise durch den massenhaften Einsatz von Plastikabfall eindrucksvoll für die Folgen unseres Ressourcenhungers.
Dort, wo sich der Münzgraben schlängelte, war sumpfiges Dazwischenland. Mit der Trockenlegung kamen Gärten, Häuser und später Rotlicht, Prostitution. In Fenstern changieren heute LEDs von Scharlach nach Blutrot. Die LED-Revolution kühlt das Rotlicht. Ein Neonanker verspricht Heimat. Leuchtkästen zeigen Namen wie Heiderose und Belamie. Mit Rotlicht setzt Jan Philip Scheibe der vermeintlich verruchten Bruchstraße ein Denkmal. Er entfernt alles, außer dem Licht. Zwischen Freibad und Hotel, am Ende des Münzgrabens, säuseln tiefhängende Weiden von unberührter Natur, manchmal steht dort der Graureiher. Acrylglasscheiben erheben sich auf dem Wasser zu einer raumgreifenden Skulptur. Sie spiegelt die Geschichte des Dazwischenlands ein paar Meter stadteinwärts.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von dem Ausschuss Tourismus Braunschweig e. V.
Die Arbeit von Jan Philip Scheibe (* 1972 in Lemgo) wird im Wesentlichen geprägt vonInstallationen und Performances im öffentlichen, urbanen Raum und in der freien Landschaft, oft verbunden mit Licht. Dabei analysiert er die Rezeption und romantische Verklärung von Natur und die Rolle, die der Mensch in der Gestaltung von Landschaft spielt. In seinen Arbeiten im urbanen Kontext untersucht Scheibe die soziale Komponente der städtischen Landschaften. Er beleuchtet die Wechselwirkungen zwischen öffentlichem Landschaftsraum und ihren Bewohner:innen. Seine Interventionen an ausgewählten Orten mit außergewöhnlichen Materialien und Methoden machen Verborgenes sichtbar. Sie kreieren real und gedanklich neue, bislang ungesehene Räume.
Zwei präparierte Schwanentretboote fahren beständig im Kreis. Sie berühren sich nie, ihre Wege werden sich niemals kreuzen. Beide Schwäne sind mit ihren roten „Augen“ von Weitem zu erkennen, sie verfolgendes Scheinwerferlicht unterstreicht ihre Bewegungen. Im Hintergrund ist der Portikus sanft beleuchtet. Alona Rodehs Kunstwerk erinnert an das romantische Bild historischer Ruinen und Schwanensee-Choreographien aus dem 19. Jahrhundert. Es hinterfragt den Bürgerpark als malerischen, idyllischen Ort für unbeschwerte Erholung und berechenbaren Genuss einer künstlich geschaffenen Naturkulisse. Slow Swan Social Club kann als melancholisches Stück verstanden werden, als automatisiertes Liebeslied, das gleichzeitig eine Fülle von Humor, Überraschung und Verspieltheit bereithält.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von der Richard Borek Stiftung
(* 1979 in Ben Ami, Israel) ist eine bildende Künstlerin, Szenografin und Urbanistin. Ihre disziplinübergreifende Praxis umfasst das Schaffen großer, immersiver Umgebungen, die Licht, Klang und Bewegung beinhalten. In ihrer Praxis untersucht sie (sub-)kulturelle und kulturhistorische Phänomene und modifiziert durch den Einsatz choreografierter architektonischer Performances, Installationen und Bilder ganze Räume und Areale, die so zu zeitbasierten Erfahrungsräumen gewandelt werden.
Die beiden hängenden Skulpturen mit dem Titel Swarm bestehen jeweils aus einer Komposition von mehreren Verkehrsampeln. Durch die Vielzahl der Elemente und die ungewohnte traubenförmige Anordnung werden die sonst regulierenden Objekte ihrer ursprünglichen Funktion enthoben. Die Abfolge der leuchtenden Anzeigen folgt keiner Logik der Ordnung mehr, sondern hat ihre eigene Choreographie. Es entsteht eine Irritation in der Handlungsanweisung zwischen Go und Don't Go. Damit reiht sich Swarm ein in das Werk von Bettina Pousttchi, die sich mit den Ordnungssystemen des öffentlichen Raums beschäftigt und den unbewussten Wahrnehmungs- und Verhaltensmustern, die ihnen zugrunde liegen.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von der Max Kroker Bauunternehmung GmbH & Co.
(* 1971 in Mainz) arbeitet vorwiegend mit Skulptur und Fotografie. Ihre skulpturalen Arbeiten geben einen Einblick in ihr Interesse an den Ordnungsstrukturen des öffentlichen Raums, die sie oft aus Stadtmobiliar wie Pollern, Absperrgittern oder Fahrradbügeln entwickelt. Ihre ortsspezifischen Fotoinstallationen fordern und erweitern konsequent die formalen und konzeptionellen Möglichkeiten der Fotografie und nehmen oft ganze Gebäudefassaden ein. Sie erforscht in ihrer künstlerischen Praxis das Verhältnis von Erinnerung und Geschichte aus einer transnationalen Perspektive.
Die Künstlerin lässt sich von den Luminarie inspirieren, die in süditalienischen Städten traditionell bei lokalen Feierlichkeiten zum Einsatz kommen. Ihre Werke umschreiben mit Hilfe des Lichts einen Raum und schaffen einen universellen Platz zur gemeinsamen Nutzung. Sie liefern Energie, die sich in Form von Lichtstrahlen innerhalb oder außerhalb eines Ortes ausbreitet, ihn verändert, seine Strukturen und auch die darin anwesenden Personen modifiziert. Wie Denkmäler von und für Menschen, für das Hier und Jetzt, für Lebendigkeit und Erfahrungen. Indem sie ihren Werken Zitate hinzufügt, die die Anerkennung der eigenen Identität bestärken, schafft Marinella Senatore auch mit Assembly eine Arbeit, die den öffentlichen Raum im besten Sinne des Wortes politisch aktiviert.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von der Braunschweigischen Landessparkasse, der Öffentlichen Versicherung Braunschweig und der Braunschweigischen Stiftung.
(* 1977 in Cava De’ Tirreni, Italien) zeichnet sich in ihrer Praxis durch die Beteiligung der Öffentlichkeit aus und initiiert in ihrem künstlerischen Schaffen einen Dialog zwischen Geschichte, Kunst und sozialen Strukturen. Sie lässt Formen des Protests mit Lerntheater, mündlichen Überlieferungen, volkstümlichen Formen, Protesttanz und musik, öffentlichen Zeremonien, zivilen Ritualen und Massenveranstaltungen verschmelzen, wobei sie über den politischen Charakter kollektiver Formationen und ihre Auswirkungen auf die Sozialgeschichte von Orten und Gemeinschaften nachdenkt.
Die Gründe für die globale Wasserverknappung sind vielfältig: Umweltverschmutzung, CO₂-Ausstoß, monokulturelle Landwirtschaft und Bodenversiegelung. Was camouflierend und frei von Akteur:inen Klimawandel genannt wird, ist zum großen Teil Ergebnis menschlichen Handelns. Je knapper die Ressource, umso begehrlicher wird im Kapitalismus der Griff nach dieser, um sie profitabel auszubeuten. BETRETEN VERBOTEN – nach einer Idee des Studenten David Radivojevic – suggeriert dem Publikum die Privatisierung der Oker. Bauzäune und Stacheldraht markieren die veränderten Besitzverhältnisse und versperren der Öffentlichkeit den Zugang. Studierende am Institut für Architekturbezogene Kunst (IAK) der TU Braunschweig haben gemeinsam die Umsetzung des Kunstwerks erarbeitet.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von der HOFFMANN Maschinen- und Apparatebau GmbH.
Das Institut für Architekturbezogene Kunst (IAK) versteht sich als Institut der TU Braunschweig, das sich intensiv mit der Ressourcenknappheit, dem Klimaschutz und der Vermittlung dieser Themen in Theorie und Praxis auseinandersetzt und diese in künstlerischen Projekten in den öffentlichen Raum überträgt. Für den Lichtparcours 2024 beteiligt sich das IAK unter der Leitung von Professorin Folke Köbberling, Bernd Schulz und Sina Heffner mit zwei Projekten. Hierzu wurden Studierende im Vorfeld gebeten, zu aktuellen gesellschaftlichen und Umweltthemen Ideen zu entwickeln. So entstanden unterschiedlichste Projektvorschläge, von denen schließlich zwei, zu den Themen Privatisierung des Trinkwassers sowie Erwärmung und Überfischung der Meere, ausgewählt und gemeinsam mit Studierenden realisiert wurden.
Seit über einem Jahrzehnt arbeitet Monica Bonvicini mit Neongaslichtern und hinterfragt deren traditionelle, kommerzielle Nutzung. Sie erforscht die Beziehung zwischen öffentlicher Kunst, Konsum und Machtdynamiken. Hit & Run Lovers ist Teil einer Reihe von Sprachskulpturen und Zeichnungen zu Liedtexten der 1960er und 1970er Jahre. Das Wort run kann als Hymne für politische und persönliche Veränderungen dieser Zeit verstanden werden. In dem Kunstwerk verwandelt sich Sprache in ein greifbares, dreidimensionales Zeichen, das rot leuchtet. Es beschwört die unheimliche Natur einer schwindenden Begegnung herauf, einer schnellen Verliebtheit in menschliche, nichtmenschliche und urbane Subjekte. Es fängt das Verlangen nach der flüchtigen Essenz von Vergnügen und sofortiger Befriedigung ein.
Realisiert mit freundlicher Unterstützung von Appelhagen Rechtsanwälte Steuerberater PartGmbB.
(* in Venedig, Italien) erforscht in ihrer künstlerischen Praxis seit mehr als 30 Jahren die Zusammenhänge von Architektur, Geschlecht und Macht, die unter anderem die Aneignung, Fragmentierung und Neuanordnung von Text, Literatur, Bildern, Objekten und Baumaterialien umfasst. Ihre Forschung wird in Arbeiten umgesetzt, die den Sinn des Kunstmachens, die Mehrdeutigkeit der Sprache und die Grenzen und Möglichkeiten des Freiheitsideals hinterfragen. Trocken humorvoll, direkt und von historischen, politischen und sozialen Bezügen durchdrungen, scheut ihre Kunst nie davor zurück, eine kritische Verbindung zu den Ausstellungsorten, den Materialien und der Rolle der Betrachtenden und Schöpfenden herzustellen.
Dauerinstallationen
Der Ausstellungsparcours mit 13 temporär ausgestellten Werken wird um fünf bereits permanent im Stadtraum installierte Arbeiten von Michael Sailstorfer, Yvonne Goulbier, Fabrizio Plessi, Mark Dion und Johannes Wohnseifer ergänzt, die im Rahmen vorangegangener Lichtparcours entstanden sind.
Für den Lichtparcours 2016 entwarf Michael Sailstorfer eine zweiteilige Skulptur, die auf dem Löwenwall zu sehen war. Der erste Teil der Arbeit besteht aus einem geschwungenen Laternenmast, der sich harmonisch in die Parksituation einfügt. Diesem wird ein überdimensionierter Sockel gegenübergestellt, auf dem der Bronzeabguss einer Katze installiert ist. Stoisch richtet sie ihren Blick auf die Laterne und zeigt sich „der Sonne zugewandt“. In der Kombination von Vertrautem und Unerwartetem kreiert Sailstorfer eine rätselhafte, fast surreale Situation. Nach dem Lichtparcours 2016 wurde die Arbeit im Theaterpark neu aufgestellt.
wurde 1979 in Velden/Vils geboren und studierte an der Akademie der Bildenden Künste München (1999 – 2005) und am Londoner Goldsmiths College (2003 – 2004). In seiner künstlerischen Praxis bedient sich Sailstorfer aus dem unerschöpflichen Fundus existierender Objekte, die er raffiniert modifiziert und in neue Funktionszusammenhänge stellt. Mit einem Instinkt für die versteckten Pointen und Potenziale alltäglicher Gegenstände entlockt er Apparaten und Architekturen erzählerische Momente. Arbeiten des Künstlers sind in zahlreichen internationalen Sammlungen, wie der des Centre George Pompidou Paris, des Städelmuseums Frankfurt, der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München oder des Walker Art Center Minneapolis vertreten. Seit 2016 waren die Werke Sailstorfers in zahlreichen weiteren Ausstellungshäusern der Welt zu sehen. Dazu gehörten unter anderen das Carbon.12 in Dubai im Jahre 2018 mit der Ausstellung WE LOVE THEM ALL und die König Galerien, sowohl in London als auch in Berlin.
Evokation in Rot ist eine zweiteilige Arbeit. Die Brückendurchfahrt wird durch 150, in Blütenform gestaltete, rote LED-Lichtquellen in eine magische Lichtzone verwandelt. Mit einer zartgelben Betonung der Brücken-Balustrade entsteht ein Übergang zur beleuchteten Straßensituation. Der zweite Teil der Arbeit, ein am Gesims der rückwärtigen Wand des Staatstheaters wandernder Lichtpunkt, symbolisiert das Hinüber und Herüber des Verkehrs über den Fluss, ist gleichsam Willkommensgruß in die Stadt hinein und gleichermaßen als „Verfolger-Scheinwerfer“ des Staatstheaters zu begreifen. Das Werk wurde 2008 der Öffentlichkeit übergeben. Während des Lichtparcours 2000 war eine ähnliche Arbeit von Yvonne Goulbier an der Rosentalbrücke zu sehen.
1953 geboren, absolvierte die Künstlerin Yvonne Goulbier ein Studium der Innenarchitektur und erhielt zahlreiche Stipendien u.a. Villa Massimo Rom (1986) und ein Arbeitsstipendium des Kunstfonds Bonn. Seit 1980 realisierte sie – in der Zeit von 1980 bis 2011 gemeinsam mit ihrem verstorbenen Mann, dem Bildhauer Klaus Goulbier – zahlreiche Projekte im In- und Ausland. Goulbier schafft vergängliche poetische Lichträume mit Schwarzlicht und fluoreszierenden Materialien. Dabei geht sie auf den Raum und seine Architektur ein und macht „die Seele“ des Raumes sichtbar.
Mit seiner großformatigen Brückenkonstruktion erinnert der italienische Künstler Fabrizio Plessi an eine heute nicht mehr vorhandene Überquerung zum Gieselerwall. Anstelle der 17 TV-Monitore im Bogen der Erinnerung zum Lichtparcours 2000 wurden im Jahr 2008 zwei blaue LED-Lichtlinien im Inneren des Brückenkorpus installiert. Seine Kombination aus Hightech-Ästhetik mit der Sinnlichkeit und Romantik des Mediums Wasser spannt erneut einen Lichtbogen über den Fluss und in die Geschichte der Stadt.
1940 in Reggio nell'Emilia, Italien, geboren, begann Fabrizio Plessi nach einem Malereistudium in Venedig ab den 1970er-Jahren großformatige Videoinstallationen zu fertigen, die Monitore als skulpturale Größen begreifen. In folgenden Architekturen, Filmen, Videos und Performances lotet Plessi die Schnittstellen von Natur und Technik aus, wobei Wasser ein wiederkehrendes Element seiner künstlerischen Arbeiten bleibt. Neben einer Beteiligung an der Biennale von Venedig in 1970 und 2003 und 2011 und einer Einladung zur Documenta 8 realisierte Plessi Ausstellungsprojekte im Martin-Gropius-Bau Berlin (2004), im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen, in der Kunsthalle Recklinghausen (2016) und in der Opera Gallery in Paris (2019).
Mark Dions künstlerische Strategien sind das Sammeln, Schichten, Sortieren und Neuarrangieren vorgefundener Objekte. Der im Rahmen des Braunschweig Parcours 2004 entwickelte Elster Flohmarkt orientiert sich in der Form an einem kleinen Antiquariat am Braunschweiger Burgplatz. Im Inneren befindet sich ein überbordendes Sammelsurium an Gegenständen, die auf regionalen Flohmärkten zusammengetragen wurden. Als Kabinett vergessener Kuriositäten reiht sich das Werk in die Tradition barocker Wunderkammern ein und schlägt mit seiner Beschränkung auf lokale objets trouvés eine Brücke in die Braunschweiger Gegenwart.
wurde 1961 in New Bedford, USA geboren und betätigte sich zunächst als Restaurator bevor er 1984 ein Kunststudium an der School of Visual Arts New York aufnahm. Ein Jahr später folgte ein Studium am Independent Study Program des Whitney Museum of American Art in New York, wo er mit aktuellen Entwicklungen der Concept Art in Berührung kam. In seinen Installationen, Skulpturen, Performances, Filmen oder Videos kritisiert und dekonstruiert Dion museale Naturdarstellungen als vorgebliche Wahrheitsbehauptungen. Werke des Künstlers wurden in Ausstellungen im Museum of Modern Art New York (1999), in den Hamburger Deichtorhallen (2001), in der Kunsthalle Hamburg (2006) oder zuletzt im Marta Herford (2015/16) vorgestellt. Zuletzt wurden seine Arbeiten in Einzelausstellungen in der Whitechapel Gallery, London (2018), im ICA Boston und in der Georg Kargl BOX, Wien (2017) gezeigt.
Der Beitrag No Sleep (deutsch: kein Schlaf) von Johannes Wohnseifer für den Lichtparcours 2020 geschaffen, versetzt ausgemusterte Laternen, die vormals im Braunschweiger Stadtraum verwendet wurden, in eine Art künstlichen Schlaf. Mithilfe einer Lichtsteuerung wurden die verschiedenen Schlafphasen, bestehend aus Wach- und REM-Phasen (englisch für Rapid-Eye-Movement) über einen Zeitraum von acht Stunden simuliert. Je nachdem in welchem Schlafrhythmus diese sich befinden, leuchten sie unterschiedlich stark und gleichmäßig. Die Lagerung dieser Laternen in einer Regalkonstruktion erinnert dabei an ein Hochbett, wie man sie auch aus Jugendherbergen oder Kasernen kennt. Wohnseifer spielte damit, Objekte während des „Schlafens“ zu beobachten. Das absurde Bild der nachts im Park schlafenden Laternen steht im Gegensatz zu der üblichen Betrachtungsweise von tagsüber „ruhenden“ und in der Dunkelheit „arbeitenden“ Laternen. Für den diesjährigen Lichtparcours wurde die Arbeit im Garten der Städtischen Musikschule neu aufgestellt.
(* 1967 in Köln) schafft in einem assoziativen Spiel aus Material, Format und Inhalt künstlerische Arbeiten, deren glatte und glänzende Ästhetik die der Werbeindustrie aufgreift und damit deren propagandistischen Impetus herausfordert. Es geht ihm darum, den Kern eines Markenimages mit seinen Mythen und Stereotypen offenzulegen. Nicht selten nutzt er in seinen Videoarbeiten, Fotografien, Skulpturen und Installationen dieselben Mittel der Inszenierung, wie sie in der Werbeindustrie genutzt werden. Diese Adaptionen kontrastiert er durch einen Bruch in winzigen Details, die den Kern, die Marke, die Firma, die Berühmtheit, auf eine Hülle reduzieren und als reproduzierbare Oberfläche erscheinen lassen. Johannes Wohnseifer lebt in Köln und ist seit 2007 Professor für Malerei und Skulptur an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Seine Arbeiten sind in zahlreichen Sammlungen vertreten, u. a. im Museum Folkwang in Essen, in der Sammlung Christian Boros in Berlin und Sammlung Julia Stoschek in Düsseldorf. Zuletzt waren seine Arbeiten bei KÖNIG LONDON in London (2019) und im Marta Herford in Herford (2017) zu sehen.